Blog 21 – Sumaco I

Die folgenden drei Blog-Beiträge handeln von meiner Expedition auf den Vulkan Sumaco im gleichnamigen Nationalpark. Zwar geht es dabei nicht direkt um Selva Viva, aber den ein oder anderen interessiert es vielleicht trotzdem und als Reiseziel lohnt sich die Gegend allemal!

Los ging die Reise am Samstag. Im Vorneherein hatte ich ein paar mal mit dem Leiter der dortigen Comunidad telefoniert um alle notwendigen Infos zu erhalten. Am Vormittag sortiere ich noch kritisch die Sachen die in den Rucksack sollen. Lieber ein paar Kleidungsstücke mehr oder doch nur Minimalgepäck und den Rücken schonen!? Ich entscheide mich für die erste Variante – im Notfall kann man immer noch was im Refugio zurücklassen.

Es gibt einmal täglich einen Direktbus von Tena nach Pacto Sumaco – dem letzten Dorf vor dem Nationalpark. Dieser fährt um 16:30 Uhr los und meine Kontakperson Emilio Cortez erwartet mich gegen 19:00 Uhr vor Ort. Mit etwas Verspätung legt der Bus am Terminal „Mercado Central“ ab und nach einer guten Stunde Fahrtzeit geht gar nichts mehr. Wie wir erfahren hat am späten Nachmittag ein LKW den Stahlträger einer der vielen Brücken in der Gegend gerammt und das muss nun repariert werden. Das Ganze dauert und der Stau wird immer länger. Bald schon fangen die ersten Passagiere an ihren Weg zu Fuss fortzusetzen um auf der anderen Seite der Brücke ein Taxi zu nehmen. Mir bleibt nichts Anderes übrig als zu warten. Nach zwei Stunden schließlich setzt sich die Blechkolonne in Bewegung. Nun passiert etwas Seltsames: einzelne Vehikel scheren zum Überholen aus und preschen nach vorne. Sind sie sich nicht bewusst, dass auf der anderen Seite der Brücke der Gegenverkehr auch ins Rollen kommt? Bis das Wirrwarr einigermaßen entzerrt ist vergeht eine weitere halbe Stunde und so treffe ich erst um kurz nach halb zehn in Pacto Sumaco ein.

Es ist bereits tiefste Nacht, aber noch schwärzer ist mein Kontaktmann. Don Emilio stammt eindeutig nicht von hier, denn die Nachfahren afrikanischer Sklaven leben in Ecuador fast ausschließlich an der Küste. Ich frage mich wie es ihn hierher verschlagen hat. Nach einem kurzen rustikalen Abendessen begleitet er mich zur Unterkunft. Diese liegt etwas außerhab und so haben wir Zeit zu plaudern. Es stellt sich heraus, dass das Dorf selbst noch gar nicht so alt ist und erst 1987 gegründet wurde. Und zwar als Folge einer fatalen  Eruption des Vulkans „Reventadors“ welcher große Landstriche verwüstete und viele Menschen nach einer neuen Heimat suchen ließ. Ironischerweise bot der ecuadorianische Staat den Opfen nun Land im Süden des Vulkans Sumaco an. Aufgrund mangelnder Alternativen nahmen viele das Angebot an. Und so ist auch hier das Land in etliche 200 m breite und 2 Kilometer lange Parzellen unterteilt – genau wie bei Selva Viva. Wo vorher Urwald stand gibt es nun Farmen und Plantagen. Trotzdem versucht ein Teil des Dorfes sich im Ökotourismus. In der enstehenden Lodge der Comunidad kann ich übernachten.

Am nächsten Morgen kurz vor 6 Uhr stehe ich auf – mein Guide soll mich um diese Uhrzeit abholen. Zum Glück verspätet er sich etwas, denn somit kann ich das atemberaubende Panorama mit meiner Kamera festhalten. Ich blicke direkt auf den Vulkan Sumaco und davor auf einen endlos erscheinenden Regenwald. Es geht gerade die Sonne auf und in der Ferne erleuchten bereits die Gletscher des Vulkans Antisana. Ein wunderschöner Anblick.

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Dann höre ich auch schon das Rattern eines Motorrads nähern. Kurz danach steht Hector vor mir: ein kleiner zahnloser Kichwa um die 50 Jahre alt. Erfreut über die Abholung per Taxi werde ich zum Haupthaus der Comunidad gefahren. Dieses wurde 2005 mit Hilfe der GTZ (deutsche staatliche Entwicklungshilfeorganisation) errichtet, welche hier ein Vorzeigeprojekt für ländlichen, selbst verwaltete Tourismus gefördert hat. Ich trage mich im Besucherbuch ein, lasse noch ein paar Gepäckstücke da und frage nach meinem Guide. Don Emilio verweist mich auf Hector, was mich doch überrascht. Wie soll der mich denn auf den Vulkan führen… Schnell werde ich eines Besseren belehrt. Im Stoßschritt verlassen wir das Dorf in Richtung Nationalpark. Vorher legen wir noch kurz einen Stopp bei ihm zuhause ein wo es eine heiße Tasse Tee gibt.

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Meine Gummistiefel hab ich erstmal im Rucksack gelassen – wandert es sich doch in Trekkingstiefeln deutlich bequemer. Das war ein Fehler: im Angesicht des total matschigen Pfades wird das Wandern zum Spießroutenlauf immer auf der Suche nach einem trockenen Fleckchen Erde. Meine Wanderstöcke helfen zwar viel, aber trotzdem trete ich ein aufs andere Mal rein ins Fettnäpfchen bis auch bald die die Feuchtigkeit die Füße erreicht hat. Knirschend nehme ich die Kellerfeuchte zur Kenntnis und marschiere weiter. Versüßt wird der Ärger durch immer wieder spektakuläre Ausblicke auf den Vulkan.

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Nach guten zweieinhalb Kilometern verlassen wir das Farmland und betreten den Wald. Sofort ist man in einer anderen Welt: im Gegensatz zum Tiefland-Regenwald von Selva Viva stehen die Bäume hier nicht so dicht und lassen mehr Licht dadurch. Dazu sind sie über und über mit Moosen und Farnen bewachsen.

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Nach insgesamt zwei Stunden Wanderung erreichen wir die Randzone des Nationaparks. Dieses Übergangsgebiet besteht bereits unter Schutz und bald treffen wir auf die ersten richtig großen Bäume und interessanten Bewohner dieses Waldes.

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Dann, nach knapp drei Stunden, kommen wir am ersten von insgesamt drei Refugios an. Auch diese wurden 2005 mit Hilfe der GTZ errichtet. Wie mir Hector berichtet wurde dazu alles Material per Manneskraft nach oben transportiert. Das schwer zugänglichen Gelände ist nicht einmal mit Eseln begehbar. Von hier aus hat man früh morgens angeblich eine tolle Sicht auf den Vulkan. Es ist zwar „erst“ 10:00 Uhr, aber der Vulkan liegt bereits in Wolken. Der Anblick auf den Regenwald zu seinen Füßen ist aber genauso herrlich und wir erkennen einzelne, gerade rosa blühende Bäume, unter uns.

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Von hier an geht es bergauf, bergab in Richtung zweites Refugio: unser Etappenziel. Im Primärwald treffen wir vor allem auf interessante Pflanzen. Die Tiere machen sich leider rar und wir hören zwar jedemenge Vögel und sogar aus der Ferne ein paar Brillenbären, aber vor die Linse bekomme ich keines dieser Tiere. Anscheinend kommen hier im Nationalpark über 500 Vogelarten vor (bei insgesamt 1600 Arten in Ecuador was 17% der totalen Diversität der Erde entspricht!!!).

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Spannend sind die offensichtlichen Überlebensstrategien der Pflanzen. Fast alle Früchte und Blüten haben die Signalfarbe „rot“. Einzelne Bäume scheinen eine besondere Rinde zu haben die sie von lästigen Parasiten wie den gefürchteten Würgefeigen frei hält. So wandern wir durch den Wald bis wir nachmittags um 15 Uhr endlich das Refugio an der Laguna Sumaco erreichen. Ich bin ziemlich platt, denn der Rucksack und sehr steile und rutschige Pfad haben Einiges abverlangt. Nachdem ich mir ein Süppchen gekocht habe lege ich mich erstmal eine Viertelstunde aufs Ohr.

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Dann trudelt auch schon eine weitere Gruppe Touristen ein. Die zwei Österreicher und zwei Ecuadorianer kommen zurück vom Vulkan und sind fix und fertig. Einer der Jungs arbeitet als Bergführer und ist sonst auf den 6000 ern der Hauptkordillere unterwegs. Stöhnend berichtet er, dass diese ein Klacks gegen den Sumaco wären. Das kann ja heiter werden. Mehr Sorgen bereitet mir allerdings der einsetzende Regen. Um 19 Uhr koche ich mir noch ein Abendessen und kurz danach geht es ins Bett.

 

 

 

 

 

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